Mehr zum Thema Strategie in unserem Key Artikel «Digitalstrategie vs Strategie»

Dieser Beitrag erschien in der Handelszeitung vom 24.10.2019

Vor drei Wochen habe ich einer Gruppe von KMU-Unternehmern in einem Intensivseminar gezeigt, wie sie mit ihrer Firma von der Digitalisierung ganz konkret profitieren können. Es ist einfacher als man denkt – wenn man es nur richtig macht!

«Meine wichtigste Botschaft an die Firmen­chefs: Sie dürfen nicht in den offen­sichtlichen Ansätzen stecken bleiben – sonst greift die Digitalisierung des eigenen Betriebs zu wenig.»

Die meisten KMUs denken, dass sie den digitalen Wandel gut bewältigen, wenn sie zum Beispiel

  • die Kundenschnittstelle modernisieren, also neue Dienste wie zum Beispiel Apps, Social Media oder Websites für die Interaktion mit den Kundinnen und Kunden oder für das Marketing einsetzen
  • die internen Prozesse optimieren, zum Beispiel die Personal- oder Produktions­prozesse standardisieren und automatisieren
  • ihr Angebot im Rahmen der Produktpflege mit neuen digitalen Features ergänzen wie zum Beispiel die Werkzeugmaschine mit einer neuen Schnittstelle oder Sensoren versehen

Doch diese Pflicht-Ansätze sind leider nicht gut genug: Sie reichen für kurze Zeit, um die eigene Firma im Wettbewerb zu halten oder im besten Fall vorübergehend zu brillieren. Sie erzeugen jedoch sehr selten substantielles, nachhaltiges Wachstum – sie führen in der Praxis meistens zu einem Nullsummenspiel. Einzige Ausnahme mit Erfolgspotenzial in dieser «schöner, schneller, besser»-Kategorie von Massnahmen: Ein ausserordentliches, gesamtheitliches Service- und Kundenerlebnis-Management kann zu nachhaltigem Erfolg führen – mehr dazu in einem nächsten Beitrag.

Wer von der Digitalisierung echt profi­tieren will, muss die bisherigen Branchenmuster durchbrechen, sein bestehendes Geschäftsmodell überdenken und dabei unter anderem digitale Optionen prüfen. Diese Kür ist natürlich deutlich anspruchsvoller als die oben erwähnten Massnahmen. Aber sie ist machbar und vielversprechend.

Schauen wir uns ein paar erfolgreiche Beispiele an:

  • Hilti hat den grossen Sprung gemacht, seit sich das Schaaner Unternehmen entschieden hat, neben Bohrmaschinen auch ein komplettes Flottenmanagement samt Serviceverträgen anzubieten: Inzwischen nutzen rund 100’000 Kunden in mehr als 40 Ländern das Hilti Flottenmanagement.
  • Rolls Royce konnte den Rückgang im wichtigen Triebwerk-Ersatzteilgeschäft kompensieren, indem man begann, den Airlines anstelle von Triebwerken stundenweise einen zuverlässigen Flugzeug-Antrieb zu verkaufen («Power-by-the-hour»). In der Folge konnte Rolls Royce seinen Marktanteil um 20% steigern.

Doch wie schafft man es mit der eigenen Firma, das Geschäftsmodell rechtzeitig neu auszurichten? Mein Rat dazu: Brüten Sie nicht alleine im stillen Kämmerlein! Gerade langjährige Firmenkader kennen ihr Unternehmen bis ins letzte Detail, sind indes betriebsblind geworden. Führen Sie interdisziplinäre Brainstormings und Workshops durch und ziehen Sie branchenfremde, kreative Querdenker bei!

Nach meinen Beobachtungen kommen bei der „Business Model Innovation“ etwa zwei Drittel der besten Ideen von unbefangenen Aussenstehenden.

Als Methodik hat sich beispielsweise der St. Galler Business Model Navigator mit themenbezogenen Karten (erhältlich bei Amazon und Exlibris) sehr gut bewährt. Je nach Erfahrung und Grösse Ihrer Firma können Sie den Ideenfindungs- und -selektionsprozess selber leiten oder aber einen fachkundigen Moderator beiziehen, der dann auch schon erste externe Impulse mitbringt.

Wer regelmässig Innovationen zum eigenen Geschäftsmodell lanciert, gehört gemäss einer Studie von IBM klar zu den Outperformern der Branche. Eine andere Untersuchung der Boston Consulting Group zeigt, dass Geschäftsmodellinnovationen im Schnitt um sechs Prozent profitabler als Produkt- und Prozessinnovationen sind. Diese Tatsache ist einer der Hauptgründe, weshalb die Rendite­unterschiede zwischen Firmen aus derselben Branche oft viel grösser sind als solche zwischen unterschiedlichen Branchen: Das passende Geschäftsmodell für die digitale Zukunft macht den Unterschied!

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Quellen:

Bramwell Kaltenrieder
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