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Digitalisierung fordert Führungskräfte auf allen Ebenen

Während die Digitalisierung für uns als Konsumenten immer neue Innovationen bereithält (denken Sie nur an die Apple-Watch an Ihrem Handgelenk oder den Thermomix in Ihrer Küche) fühlen sich viele Unternehmen durch die digitalen Entwicklungen bedroht. Die Gründe dafür liegen in der radikalen Veränderungswucht der Digitalisierung. Durch den technologischen Druck befinden sich heute je nach Studie zwischen 40-60% aller Unternehmen in einer Situation  des „digitalen Veränderungsmanagements“ – und dies bei steigendem Zeit- und Kostendruck.

Die Digitalisierung aber rüttelt nicht nur an der wirtschaftlichen Substanz: Auch die Menschen im Unternehmen – vor allem die Führungskräfte – sind vom Wandel betroffen. Tagtäglich werden die Forderungen lauter: Manager sollen agiler und flexibler entscheiden, ihre Teams auf „Augenhöhe“ führen, neue digitale Ökosysteme steuern (Stichwort Gig-Economy) oder Mitarbeitern mehr Beteiligung bei weniger Hierarchie einräumen. Die Forderungen sind grundlegend und überfordern oft den Einzelnen. Hier stellt sich die Frage, wie Unternehmen als Ganzes es schaffen können, ihr Management auf die neuen digitalen Herausforderungen bestmöglich vorzubereiten, ihre Arbeitsfähigkeit zu steigern und das Unternehmen gleichzeitig vor digitalen Risiken zu schützen.

Digitale Kompetenzentwicklung braucht Exzellenz

Eine pragmatische Lösung erschliesst sich, wenn wir Digitalisierung nicht nur technologisch verstehen. Vielmehr ist es ein laufender Veränderungsprozess, der das Kader aus in drei Bereichen vor Herausforderungen stellt (siehe folgende Grafik):

  • Herausforderungen auf kultureller Ebene erfordert neue Wege, um die Wirksamkeit der Führung zu verbessern (> rot).
  • Herausforderungen auf strategischer Ebene erfordern ein neues Verständnis für die Anforderungen, Muster und Geschäftsmodelle der Digitalisierung (> blau).
  • Herausforderungen auf Prozessebene betreffen den Umgang mit neuen digitalen Methoden, Technologien, Kommuniaktionssystemen etc.(> grün).

Abbildung 1

Strategische Ebenen der Digitalen Transformation
Digital Leadership

Kaltenrieder (2018)

Um die neuen Anforderungen in allen Bereiche zu bewältigen, ist ein spezielles Set an neuen Fähigkeiten und Kompetenzen notwendig. Alle drei Bereiche zu meistern heisst, in der gesamten Führung, vom Middle Manager bis zum Top-Manager eine neue Qualität der Führung zu entwickeln, die den Anforderungen im digitalen Zeitalter gerecht wird: der Digital Leadership Excellence.

Doch der Aufbau der digitalen Führungsexzellenz ist ein komplexes Unterfangen. Klassische Weiterbildungsprogramme helfen nicht weiter. Mit „giesskannenartigen“ Präsenzschulungen und Trainings lässt sich keine digitale Exzellenz im Kader mehr aufbauen. Das obligatorische Führungstraining greift zu kurz. Hier werden nur einzelne Wissensgebiete vermittelt – mit dem Aufbau von Handlungskompetenz hat dies aber wenig zu tun. Die bestätigen auch unsere Analysen aus der Forschung: Fast 70% aller KMU sowie die Hälfte aller grossen Unternehmen geben an, noch kein digital kompetentes Top-Kader zu haben. Eine bedenkliche Zahl wenn man sich vor Augen hält, dass wichtige strategische Entscheidungen heute dringend getroffen werden müssen. Die fehlende Kompetenz hat auch Folgen: so werden digitale Strategien wegen Überforderung nicht umgesetzt, gute Mitarbeitende verlassen das Unternehmen oder verlieren an Motivation, Kunden suchen sich andere Lösungsanbieter. Am Ende bleiben nur die Skeptiker. Das Unternehmen verliert den Anschluss am Markt.

Systematisch digitale Führungs-Exzellenz aufbauen

Damit die Entwicklung der digitalen Führung nicht zur Sackgasse wird, braucht es neue Spielregeln für den Kompetenzaufbau digitaler Führungskompetenzen. Es geht um den an den strategischen Zielen ausgerichteten, aber dennoch hoch individualisierten Aufbau digitaler Kompetenzen bei Kader und Geschäftsleitung. Ein gezieltes digitales Kompetenzmanagement versetzt die Führungsspitze in die Lage, auch bei Unsicherheit und komplexen Situationen die nötige Orientierung zu geben. Das von uns entwickelte Kompetenzmodell für Digital Leadership Excellence adressiert im Kern das digitale Transformationsziel. Der Ansatz liefert eine Grundlage, um in einem Zeitrahmen von 12-18 Monaten eine kompetente Führungsmannschaft digital weiterzuentwickeln.

Bei Einführung des Kompetenzmodell für Digital Leadership Excellence geht es um drei grundlegende Fragen:

  1. Welche Digitalkompetenzen sind wichtig für unser Kader und wie können wie diese identifizieren?
  2. Wo in den bestehenden Strukturen werden die Kompetenzen entwickelt?
  3. Wie kann der Aufbau neuer digitaler Kompetenzen wirksam und nah am Geschäft erfolgen?

Einen kurzen Einblick, welche Antworten es darauf gibt, haben wir im Folgenden kurz zusammengestellt:

1. Vom Giesskannenprinzip zum individuellen Kompetenzmodell

Um für jeden Manager sicherzustellen, dass er/sie über die richtigen digitalen Kompetenzen verfügt, muss auf individueller Basis entscheiden werden, welche neuen digitalen Fähigkeiten die grösste Wirkung beim digitalen Umbau haben. In unserem Kompetenzmodell werden drei unterschiedliche Kompetenzbereiche entwickelt, die mit den oben beschreibenen Transformationszielen überein stimmen (siehe folgende Grafik).

Abbildung 2

Kompetenzmodell mit den drei Dimensionen
Digital Leadership Exzellenz - Transformationsebenen

Kaltenrieder & Reinhardt (2018)

Im Detail geht es um den Aufbau von drei Kompetenzfeldern, die jeweils zur Transformation eines digitalen Wirkungsbereichs wichtig sind :

  • Neue Sozial- und Führungskompetenzen (> rot): Am wichtigsten ist der Aufbau neuer sozialer und personeller Fähigkeiten bei Kader und Geschäftsführung. Beispielsweise zählt dazu, emotional gegenüber dem Wandel positiv eingestimmt zu sein und sich als Führungskraft selbst reflektieren zu können. So wird es es erst möglich, einen transformationalen Führungsstil umzusetzen und Teams „auf die digitale Reise“ mitzunehmen. im Ergebnis entwickeln Führungskräfte neue Entscheidungsfähigkeiten, um besser mit unkalkulierbaren digitalen Risiken umgehen zu können. Dieser Fähigkeitsbereich wirkt sich auf die Unternehmens- und Führungskultur der gesamten Organisation aus.
  • Neue strategische Digital-Kompetenzen (> blau): Um in der VUCA-Welt handlungsfähig zu bleiben, brauchen Manager Kenntnisse im Umgang mit neuen Planungs- und Prognose-Tools. Klassische Instrumente der Strategieplanung eignen sich angesichts der heutigen Komplexität und Dynamik nur noch ein wenigen Situationen. Vielmehr sind Kompetenzen wichtig, die strategischen Prinzipien der Ambidextrie umzusetzen: Zum einen muss das bestehende Geschäft gezielt stabilisiert werden. Zum anderen müssen Manager Prognosen zur Entwicklung von Innovationen auf Basis neuer Technologien wie z.B. Blockchain, Cybersecurity, Künstliche Intelligenz u.a. mit Business Dynamics modellieren können. Und in der Lage sein, diese im eigenen digitalen Ökosystem zu verankern.
  • Neue digitale Business-Kompetenzen (> grün): Ein weiterer wichtiger Entwicklungsbereich sind neue fachliche und methodische Kompetenzen. Diese sind notwendig, um im betrieblichen Fachgebiet digitale Werkzeuge und Methoden anzuwenden. Zu den Methodenkompetenzen zählt u.a. die Fähigkeit, agile Arbeitsweisen zu kennen und speditiv einzusetzen, beispielsweise Designs Thinking oder Scrum. Neben neuen allgemeinen Fachkompetenzen in Bereichen der Kommunikation, Dokumentation, Arbeitstechnik und Wissensmanagement sind insbesondere auch neue funktionsspezifische Fähigkeiten zu erwerben. Letztere unterschieden sich je nach Branche und Funktionsbereich wie Logistik-, Finance-, Marketing- oder Personalmanagement und haben oft einen Bezug zu neuen IT- und Daten-Skills. Schliesslich sind auf der Grundlage der neuen technischen Optionen in den Fachbereichen und immer mehr auch firmenübergreifend neue Prozesse zu modellieren und umzusetzen – was wiederum Kenntnis der Optionen, deren kreative Anwendung sowie neuer Tools bedingt.

Entwickelt ein Manager in allen Kompetenzbereichen neue, auf die Situation abgestimmte, relevante Fähigkeiten, führt dies zu einer Qualität der Führungsarbeit im digitalen Zeitalter – der Digital Leadership Excellence.

2. Vom „Funktionslernen“ zu „Echtzeit-Lernpfaden“

Im Digital-Leadership-Ansatz spielt ebenso die wirksame Kombination unterschiedlicher Entwicklungs-Instrumente eine wichtige Rolle. Schaut man sich die traditionelle Führungskräfte-Qualifikation an, so finden sich hier meist eindimensionale und Top-down geplante Instrumente, wie Seminare, Zertifikats-Programme oder Persönlichkeits-Coachings. Für Kader-Mitglieder war es bislang obligatorisch, z.B. das einmal im Jahr geplante Seminar zur Kommunikation, der Mitarbeiter-Führung oder dem Konfliktmanagement usw. zu besuchen. Diese Zeiten sind jedoch vorbei. Was im digitalen Zeitalter entscheidend ist, ist der Entwicklungsweg jeder einzelnen Führungskräfte (z.B. durch ein 24-monatiges Curriculum).

Um einen Entwicklungsplan festzulegen, müssen sowohl formelle als auch informelle Kompetenzentwicklungs-Strukturen in der Organisation auf den Prüfstand: Überprüft werden sollten für jede kritische Position (bis hin zum Top-Kader) sowohl die formell verankerten Anforderungen (z.B. im Stellenprofil) als auch die informelle und persönliche Stellung im Unternehmen. Durch beide Informationen zusammen lässt sich die persönliche „Wirksamkeit“ jedes Managers feststellen (z.B. auch mittels sozialer Netzwerkanalyse). Wenn die Gaps identifiziert sind, können die Tools und Werkzeuge zum Kompetenzaufbau festgelegt werden. Wichtig ist, speziell das Lern-Setup für die kritischen Rollen zu planen, die von Technologie und digitalen Innovationen geprägt sind – hier muss sich das Lernen komplett verändern, damit die Wirksamkeit der Führung erhalten bleibt. Nur wenn Führungskräfte auch zu „Experten“ werden, haben Unternehmen Chancen, wettbewerbsfähig zu bleiben und Erfolg zu sichern.  Traditionelle Präsenztrainings – und traditionelles Mentoring und Coaching – müssen mit interaktiven Echtzeitfähigkeiten gepaart werden, um „Echtzeit-Lernpfade“ bereitstellen. Wie ein idealer Mix aussieht, ist von der Situation abhängig.

Abbildung 3

Digital Leadership Exzellenz – Aufbau neuer Kompetenzen
Digital Leadership Exzellenz - Aufbau neuer Kompetenzen

Kaltenrieder & Reinhardt (2018)

3. Wirksamkeit beim Kompetenzaufbau durch TIMs verbessern

Unser Digital Leadership ist aber nicht statisch, sondern agil und damit selbstgesteuert angelegt. Zwar werden auf einer Gesamtstrategie-Ebene der Change „Top-down“ geplant (mittels neuer strategischer Instrumente , wie in Punkt 1 beschrieben). Auf persönlicher Ebene aber geht es aber dann darum, jede Führungskraft dabei zu unterstützen, schrittweise und etappiert ihre persönliche Transformations-Wirksamkeit durch Einsatz des Lern-Setups zu erhöhen. Unser Kompetenzansatz setzt dabei nicht nur auf Prinzipien der transaktionalen Führung, wie Mitarbeitergespräche, MbO oder Boni (vgl. „Management-by-Objectives“-Ansatz). Anders als das baut unser Ansatz auf dem Design eines persönlichen Entwicklungsweges auf, der durch messbare Kennzahlen zwischen Entwicklung und Strategie eine Verbindung herstellt.

Im Vergleich zu HR-basierter Kompetenzentwicklung liegt hier der grösste Unterschied: Für jede Führungskraft werden so genannte „Transformation Impact Measures“ (TIM) festgelegt – dies sind Messgrössen, um die Wirksamkeit des Handelns einer Führungskraft auf die Ziele der Firma beurteilen zu können. Das TIM ist ein Instrument, mit dem die Führungskraft selbst die Möglichkeit hat, die eigene Wirksamkeit im Blick zu behalten und zu entscheiden, ob die eigene Führungsarbeit verändert werden sollte. Das TIM nutzt im Prinzip Ansätze der Selbststeuerung: Manager werden selbst befähigt, ihre Wirksamkeit im Unternehmen zu verbessern – zugleich sind die TIMs aber auch Teil des strategischen Zielsystems.  Im besten Fall entwickeln sich alle Führungskräfte im Sinne der Strategie weiter. Beispielsweise könnte ein TIM im Marketing sein, die Planung von Kampagnen zu verbessern und dadurch 20% Kosten zu sparen. Die Kompetenz, die dafür nötig ist, ist „Datenanalytik“. Eine Führungskraft, die anhand dieses TIMs gemessen wird, könnte die Verantwortung für ein Projekt im Bereich Marketing Automation Plattform übertragen bekommen. In dem Projekt entwickelt der Manager nicht nur neue Kompetenzen, sondern kann auch gleichzeitig seinen eigenen „Impact“ auf das strategische Ziel bewerten. Durch den agilen Kompetenzaufbau wird die Management-Entwicklung vom HR losgelöst, sie verläuft selbstgesteuert und wirksamkeitsorientiert.

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Autor: Kai Reinhardt

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