Inhaltsverzeichnis
1. Was ist eine Strategie?
2. Aus welchen Elementen besteht eine Strategie?
3. Warum braucht ein Unternehmen eine Strategie?
4. Was bringt Digitalisierung?
5. Wie integriere ich «digital» in meine Strategie?
6. Wie entwickelt man eine Strategie?
7. Was ist eine Digitalstrategie?
8. Wie entwickeln wir eine Digitalstrategie für unser Unternehmen?
Neugierig? Mehr erfahren in unserem umfassenden «Digital-Leadership-Guide»
Sie wollen wissen, wie man eigentlich Strategie definieren kann? Aus welchen Elementen eine Strategie besteht? Wie man sie entwickelt, gerade fürs digitale Zeitalter? In diesem Artikel beantworten wir all ihre Fragen zum Thema Strategie und Digitalstrategie.
Auf einen Blick:
- Eine Strategie ist die langfristige Ausrichtung einer Organisation.
- In einem Unternehmen existieren mehrere Ebenen von verbundenen Strategien: von der normativen Strategie bis zu verschiedenen funktionalen Strategien.
- Eine Strategie ist gerade im digitalen Zeitalter unabdingbar.
- Der Megatrend «Digital» kann im Rahmen einer Überarbeitung der klassischen Strategieebenen oder mit einer dedizierten Digitalstrategie adressiert werden.
1. WAS IST EINE STRATEGIE?
Definition und verschiedene Ebenen der Strategie
Eine Strategie ist die langfristige Ausrichtung einer Organisation. Für privatwirtschaftliche, gewinnorientierte Unternehmen geht es zudem darum, mit dieser Ausrichtung in einer Branche langfristig überdurchschnittliche Renditen erzielen zu können 1. Eine Ausrichtung einer Organisation kann sich geplant oder unbewusst (sog. emergent) ergeben. Im Falle einer geplanten Ausrichtung werden die bewusst getroffenen Entscheidungen zur Zukunft der Organisation in einem Strategie-Dokument festgehalten: der Zweck der Organisation, die angestrebten Ziele und der Weg dahin sind die Kernaussagen einer Strategie.
Sicher haben Sie vom Begriff Strategie auch schon in anderem Zusammenhang gehört – Strategie wird ja schon fast inflationär bei jeder Gelegenheit verwendet. Das mag einerseits damit zusammenhängen, dass viele Mitmenschen nicht wirklich wissen, was mit Strategie gemeint ist (Sie sind der breiten Masse nun schon deutlich voraus ?). Anderseits ist es aber auch so, dass es Strategien auf ganz unterschiedlichen Ebenen einer Organisation gibt, wie Abbildung 1 zeigt.
Abbildung 1
Strategiepyramide: Die vier Ebenen von Strategien
Strategiepyramide, eigene Darstellung in Anlehnung an 2
Die normative Strategie definiert auf einer sehr allgemeinen, groben Ebene, welchen Zweck das Unternehmen hat und welche langfristige Ambition es verfolgt.
Die Unternehmensgesamtstrategie bestimmt die zukünftigen Tätigkeitsbereiche und ihre geografische Abdeckung 3.
Die Definition von Wettbewerbsvorteilen bildet der Kern der Geschäftsstrategie 3.
Schliesslich beschreiben Funktionalstrategien, wie erfolgskritische Funktionen mit einem hohen Komplexitätsgrad ihre Aufgaben qualitativ hochstehend und effizient sicherstellen 3.
2. AUS WELCHEN ELEMENTEN BESTEHT EINE STRATEGIE?
Wie sich die verschiedenen Strategien zusammensetzen
Jede der oben aufgeführten Strategieebenen setzt sich aus einigen Kernelementen zusammen. Wie Abbildung 2 aufführt, beantworten diese zentrale Fragen zu Zielen und Umsetzungsansätzen der jeweiligen Ebene und sind so wichtige Entscheidungen.
Abbildung 2
Ebenen der Strategie und die zu beantwortenden Fragen
Zentrale Elemente der Strategien (Kaltenrieder 2020)
Die Fragen einer Ebene können grundsätzlich nur beantwortet werden, wenn die Vorgaben der nächsthöheren Ebene geklärt sind. In der Realität erfolgt die Definition der verschiedenen Ebenen aber iterativ und in enger Abstimmung.
3. WARUM BRAUCHT EIN UNTERNEHMEN EINE STRATEGIE?
Zahlreiche Gründe sprechen klar für eine Strategie
Ein Unternehmen ohne Strategie ist wie ein Blatt auf dem Wasser: es landet dort, wo Wind und Strömung es hintragen. Eine nicht sehr angenehme Vorstellung für die verschiedenen Anspruchsgruppen eines Unternehmens: Gerade in bewegten Zeiten brauchen Mitarbeitende, Kunden und Investoren klare Aussagen, in welche Richtung sich das Unternehmen bewegen will. Ebenso brauchen Führungskräfte klare Orientierungspunkte, die es ihnen leichter machen, tagtäglich anstehende Entscheidungen einfacher und rascher treffen zu können.
Eine Strategie ist daher auch oder gerade im digitalen Zeitalter unabdingbar.
4. WAS BRINGT DIGITALISIERUNG?
Der Megatrend Digitalisierung und die damit verbundenen dynamischen Veränderungen in Technologie, Gesellschaft und Wirtschaft betreffen alle Branchen. Sie verändern die Spielregeln in den Märkten, gleichzeitig eröffnen sie zahlreiche neue Chancen.
Ein Unternehmen kann grundsätzlich in folgenden Bereichen von der Digitalisierung profitieren (vergleiche auch Abbildung 4):
- Automatisierung von Prozessen zur Steigerung der Effizienz und Qualität. Beispiel: Versicherung, die die Bearbeitung von Schadensmeldungen weitgehend automatisiert, Mitarbeitende prüfen nur noch Spezialfälle.
- Etablierung neuer differenzierender Angebote oder Geschäftsmodelle zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkrit. Beispiel: Hersteller von Baumaschinen, der diese neu als online buchbare Services anbietet und dadurch Finanzierungs- und Verfügbarkeitsherausforderungen beim Kunden löst.
- Aufbau neuer Geschäftsfelder in Wachstums-Märkten – selbständig oder in Kooperation mit einem Start-up. Beispiel: Medienunternehmen, das eine Digitalagentur übernimmt und so seine Wertschöpfungskette verlängert.
Abbildung 3
Digitale Innovationen und ihr Impact
Digitale Innovationen und ihr Impact (Kaltenrieder 2020)
Verschiedene Studien zeigen: Unternehmen, die sich der Herausforderung des digitalen Wandels stellen, die Führung der Transformation meistern und dabei in neue Angebote und Prozesse investieren, erzielen deutlich bessere wirtschaftliche Ergebnisse als ihre Branchenkollegen 4, 5.
Marktteilnehmer hingegen, die zu zögerlich auf die Veränderungen reagieren, kommen in Schwierigkeiten. Das Zitat der Management-Ikone Jack Welch ist in diesem Zusammenhang treffender denn je: «Wenn die Änderungsrate des Umfelds die Änderungsrate des Unternehmens übersteigt, ist sein Ende nah».
Dass jedes Unternehmen – ob Grossunternehmen, KMU, Non-Profit-Organisation oder die Öffentliche Verwaltung – sich strategisch mit der Digitalisierung auseinandersetzt, ist somit für seinen Fortbestand von grosser Wichtigkeit.
5. WIE INTEGRIERE ICH ‘DIGITAL’ IN MEINE STRATEGIE?
Um die oben aufgeführten Potentiale umfassend erschliessen zu können, ist ein Top-Down-Vorgehen mit übergreifender Unternehmens- oder Digitalstrategie am erfolgsversprechendsten 4, 5.
Dabei sind die individuellen Voraussetzungen, die ein Unternehmen mitbringt, zu berücksichtigen: Je nach digitaler Reife, verfügbaren finanziellen Mitteln, Vorgaben der Eigentümer und bereits laufenden Projekten sind unterschiedliche Wege einzuschlagen.
Grundsätzliche empfehlen sich die folgenden strategischen Ansätze je nach beispielhaften Situationen:
SITUATION
EMPFOHLENER ANSATZ
Das Unternehmen hat sich bisher kaum strategisch mit dem digitalen Wandel auseinandergesetzt oder verfügt über eine bescheidene digitale Reife.
Digitalstrategie: Setzt Fokus auf Digital und kann relativ rasch Entscheide und Ergebnisse herbeiführen.
Das Unternehmen verfügt über eine mittlere digitale Reife und hat erst vor wenigen Monaten seine Strategie überarbeitet, ohne dabei das Thema Digital substanziell zu berücksichtigen.
Digitalstrategie: Ergänzt die aktuelle Strategie mit relevanten digitalstrategischen Prioritäten, ohne dass gleich die ganze Strategie wieder überarbeitet werden muss.
Das Unternehmen hat eine mittlere bis hohe digitale Reife, die Unternehmensstrategie ist nicht mehr aktuell und zu überarbeiten.
Digital in neue klassische Strategien integrieren.
Für Eigentümer, resp. VR-Mitglieder sind neue digitale Geschäftsfelder oder neue Angebotslinien keine Option
Digital in funktionalen Strategien integrieren: so können zumindest hier Fortschritte erzielt werden.
Das Unternehmen ist ein Start-up
Start-ups haben in der Regel „digital“ in ihrer DNA. Wenn dann mal eine Strategie zu entwickeln ist, dann gleich integriert.
Das Unternehmen macht seit Jahren Verluste / ist nicht mehr wettbewerbsfähig und hat keine freien Mittel mehr für Investitionen.
Ernsthaft prüfen, ob ein Verkauf oder gar eine Liquiditation nicht die beste Lösung wäre.
Mehr dazu in unserem Artikel ‘Mit Plan und klarem Weg in die digitale Zukunft‘, der auch in der Handelszeitung erschien. Dort vergleichen wir die zwei Lösungsansätze Digitalstrategie vs. neue Geschäftsstrategie konkret.
6. WIE ENTWICKELT MAN EINE STRATEGIE?
Zahlreiche Standardwerke beschreiben sehr gut, wie eine Strategie zu entwickeln ist 2, 3. Abbildung 4 zeigt den Vorgehensvorschlag von Grünig.
Noch sehr selten sind Vorgehensansätze, die explizit auf die Strategieentwicklung mit Digitalbezug eingehen. Nachfolgend ein Vorschlag des Autors auf der Grundlage seiner langjährigen Arbeit als Unternehmer, Divisions- & Strategie-Verantwortlicher eines Konzerns und Berater entwickelt hat und in der Praxis anwendet.
Abbildung 4
Strategieprozess
Strategieprozess, eigene Darstellung in Anlehnung an 3
7. WAS IST EINE DIGITALSTRATEGIE?
Eine Digitalstrategie beantwortet für ein Unternehmen umfassend – über alle Strategieebenen hinweg – folgende zentrale Fragen:
- Welche Chancen will das Unternehmen aus «digitalen» Entwicklungen (Markt / Wirtschaft, Gesellschaft, Technologie) in aktuellen und neuen Geschäftsfeldern und
Geschäftsmodellen erschliessen? - Welche Ziele setzen wir uns dabei?
- Welche Voraussetzungen müssen dafür geschaffen werden?
- In welchem zeitlichen Ablauf wollen wir diese Voraussetzungen mittels Massnahmen schaffen?
Abbildung 5
Digitalstrategie: mit anderen Strategien abgestimmt
(Kaltenrieder 2019)
Mehr dazu in unserem Artikel ‘Mit Plan und klarem Ziel in die digitale Zukunft‘.
8. WIE ENTWICKELN WIR EINE DIGITALSTRATEGIE FÜR UNSER UNTERNEHMEN?
Eine Anleitung in 4 Schritten.
Die zentralen Fragen, die eine Digitalstrategie zu beantworten hat, können die in folgenden Schritten beantwortet werden (siehe Abbildung 6).
Abbildung 6
In vier Schritten zu ihrer Strategie
Kaltenrieder (2020)
1. INITIALIZE
- Erheben der individuellen Voraussetzungen, die ein Unternehmen mitbringt: Strategischer Positionierung, digitale Reife, verfügbare finanzielle Mitteln, Vorgaben der Eigentümer und bereits laufende Projekte.
- Entscheid, welche Strategie-Ebenen nachfolgend zu bearbeiten sind (Unternehmens-, Geschäfts- oder Funktionalstrategien).
2. EXPLORE
- Sichtung des Status Quo auf den relevanten strategischen Ebenen (Innensicht).
- Generieren von digitalen Potentialen auf den verschiedenen Ebenen (Aussensicht).
- Bewertung der einzelnen Potentiale und Konsolidierung zu strategischen Optionen.
3. DEFINE
- Bewertung der strategischen Optionen
- Entwicklung einer Digitalen Vision (mittel- bis langfristige digitale Ambition mit Kundenfokus)
- Herleitung der 2 – 5 strategischen Stossrichtungen und deren Ziele.
- Erarbeitung einer Change Map / Roadmap: visualisiert grobe Massnahmen entlang der Stossrichtungen auf dem Zeitstrahl mit dem Ziel, Vision wahr werden zu lassen (gemeinsam mit Kader).
- Klärung des finanziellen Rahmens
- Organisatorische Entscheide
4. TRANSFORM
- Entwicklung eines digitalen Kompetenzmodells inkl. Planung der groben Massnahmen
- Agile Umsetzung mit Quartals-Inkrementen auf Basis OKR, wobei natürlich auch der Aufbau neuer Kompetenzen und Infrastrukturen berücksichtigt werden.
- Aufsetzen und Umsetzung eines konsequenten Change Managements.
- Strategische Reviews
Vergleichen Sie dazu auch unser Angebot: Wir bieten Strategie.
Eine Digitalstrategie macht nicht für alle Organisationen Sinn
Nebenbei: Eine Digitalstrategie macht nicht für alle Organisationen Sinn. Sie bietet sich dann an, wenn einer der folgenden Punkte zutrifft:
Die Organisation …
- … verfügt über eine eher tiefe digitale Reife,
- … will den strategischen Fokus in den kommenden 2 – 3 Jahren auf das Thema «Digital» legen oder
- … hat erst kürzlich eine Unternehmens- oder Business-Strategie erarbeitet «Digital» darin rückblickend zu wenig adressiert.
Andernfalls empfiehlt es sich aus Gründen der Konsistenz, «Digital» im Rahmen der ordentlichen Unternehmens-, Geschäfts- oder Funktionalstrategien zu berücksichtigen.
Quellen
- Whittington, Richard Regnér, P., Angwin, D., Johnson, G. & Scholes, K. Exploring Strategy. (2019).
- Lombriser, R. & Abplanalp, A. P. Strategisches Management. (2015).
- Grünig, R. & Kühn, R. Strategieplanungsprozess. (2018).
- Westerman, G., Tannou, M., Bonnet, D., Ferraris, P. & McAfee, A. The Digital Advantage: How Digital Leaders Outperform their Peers in Every Industry. MIT Sloan Manag. Rev. (2012).
- Berghaus, S., Back, A. & Kaltenrieder, B. Digital Maturity & Transformation Report 2017. Univ. St. Gall. 80 (2017).