Digitale Transformation: entscheidend für die Zukunft jedes Unternehmens

Unternehmen aller Branchen stehen vor der Herausforderung, sich strategisch an die neue digitale Realität anzupassen und zu diesem Zweck Strategie, Geschäftsmodell und Kultur des Unternehmens zu überprüfen. Unterlässt eine Organisation diesen wichtigen Schritt, verliert sie ihre Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit.

Internet und Mobile haben unsere Kommunikation, unser Kaufverhalten, unsere Mediennutzung, ja unser Leben verändert. Dieser «digitalen Realität» können sich Unternehmen nicht mehr entziehen.

Firmen stehen heute anspruchsvolleren Kunden denn je gegenüber: Sie erwarten ganz selbstverständlich, dass Produkte, Dienstleistungen und Marken im digitalen Zeitalter jederzeit und über verschiedene Kommunikations- und Vertriebskanäle verfügbar sind. Das veränderte Feedback-Verhalten tadelt unpassende Werbung, langsame Reaktionen auf Anfragen oder wenig transparente Konditionen rasch und mit aller Deutlichkeit – sichtbar für die Community.

Das Rad dreht immer schneller

Wir übernehmen neue Technologien und Medien immer schneller. Während das Radio in der Schweiz 25 Jahre brauchte, bis es 1 Million Hörer erreichte, verfügte das Fernsehen bereits nach 15 Jahren über diese Reichweite. Das Smartphone nach 4 Jahren, Facebook nach 2. Und je mehr Zeit vergeht, desto mehr Kunden werden «»Digital Natives» sein – Personen also, für die der Umgang mit digitalen Produkten und Dienstleistungen eine Selbstverständlichkeit ist.

Beschleunigt durch die rasante technologische Entwicklung werden dadurch Marktstrukturen, insbesondere auch in traditionellen Branchen, radikal umgekrempelt.

«Everything that can be digitized will be digitized»

Die vielfältigen Vorteile der Digitalisierung im geschäftlichen oder privaten Kontext sind evident. Experten sind sich daher einig: es ist keine Frage mehr ob, sondern nur noch zu welchen Zeitpunkt und in welcher Intensität die Digitalisierung für eine Branche strategisch relevant wird.

Digitale Reife zahlt sich aus

Mit dem gezielten, individuell ausgeprägten Einsatz digitaler Technologien lassen sich Effizienz- und Effektivitäts-Potentiale entlang der ganzen Wertschöpfungskette eines Unternehmens erschliessen. In der kundenorientierten Marketing-Kommunikation steigern digitale Kampagnen, Präsenzen und Tools die Reichweite, Kundenanfragen und –zufriedenheit. Kollaborationsplattformen erhöhen die Produktivität und Partizipation in der Mitarbeiter- und Partner-Kommunikation. Mitarbeiter-Gewinnung und –Entwicklung werden durch digitale Tools deutlich verstärkt. Stärkere Vernetzung – zum Beispiel mittels «Internet Of Things» – beschleunigen interne Produktionsprozesse. Business Intelligence hilft, die ganze Supply Chain effizienter zu steuern und bessere Management-Entscheidungen zu treffen.

Eine Studie der MIT Sloan zeigt, dass digital reife Unternehmen ihre Branchenkollegen im Umsatz (+9%) und im Profit (+26% ) deutlich übertreffen. Für die Erzielung dieser kompetitiven Vorteile ist die digitale Unterstützung von Kernprozessen und funktionalen Teilstrategien jedoch nur noch bedingt ausreichend: es gilt, für Produkte und Dienstleistungen neue Begleitangebote zu schaffen und damit die Relevanz gegenüber dem Kunden zu steigern. Im Banking zum Beispiel bieten führende Anbieter heuten neben bekannten E-Banking-Funktionen auch bequeme persönliche Finanz- und Zahlungsassistenten an, stiften dabei zusätzlichen Nutzen und steigern so die Kundenbindung. Innovative Werkzeugmaschinen-Hersteller stellen ihren Abnehmern Tablet-basierte Tools als differenzierendes Angebot zur Verfügung, die von Vertriebsmitarbeitern im Kundenkontakt bei der Definition und Kalkulation neuer Produktionsaufträge eingesetzt werden und damit die Effizienz und Geschwindigkeit verbessern.

Ob Online-Direktvertrieb für Konsumgüterhersteller oder dynamische Ertrags- und Preismodelle für Transportunternehmen: sämtliche Dimensionen des Geschäftsmodells sind hinsichtlich Wachstums- und Ertragssteigerungs-Potentiale digitaler Optionen zu prüfen.

Intensivierung des Wettbewerbs

Die zunehmende Markttransparenz durch sekundenschnelle Vergleichbarkeit von Angeboten zuhause, beim Shopping am Verkaufspunkt oder im Office stärkt die Einkaufskraft der Kunden und bringt die Anbieter unter Druck.

Damit nicht genug: branchenfremde Technologiefirmen schaffen es, in angestammte Tätigkeitsfelder traditioneller Industrien einzutreten und so ganz im Sinne von «Porters Five Forces» den Wettbewerbsdruck zusätzlich zu steigern.

Der Markteintritt von WhatsApp in der Schweiz zum Beispiel hat den SMS-Umsatz von Swisscom bereits im ersten Jahr um rund 10 Millionen Franken reduziert, notabene ohne einen einzigen lokalen Mitarbeiter. Die Einführung intelligenter Uhren wie Apples iWatch wird zunehmend Kundensegmente klassischer Uhrenanbieter ansprechen. Digitale Versicherungsbroker wie das Schweizer Startup Knip bedrängen klassische Vertriebsstrukturen der Assekuranz. Mit TrueWealth steigt ein neuer Player erfolgreich ins Schweizer Vermögensverwaltungsgeschäft ein – ohne physische Vertriebsstrukturen. Die auf physische Kundennähe ausgerichteten Treuhänder werden von nationalen Dienstleistungsplattformen wie RunMyAccounts bedrängt.

Vielen dieser neuen Angebote gemeinsam ist, dass sie von branchenfremden Unternehmern und Führungskräften ins Leben gerufen worden sind. Was auf eine der grössten Gefahren hinweist: sich nur an der eigenen Branchen zu orientieren und zu wenig Aussenperspektive bei der strategischen Planung einzunehmen.

Mehr noch als in früheren Zeiten sorgt die digitale Transformation für einen deutlichen «Winner-takes-it-all»-Effekt, was zusammen mit der erwähnten hohen Marktdynamik dazu führt, dass die durchschnittliche Lebensdauer von Unternehmen sinkt. So sind zum Beispiel in den USA seit dem Jahr 2000 mehr als die Hälfte der umsatzstärksten Fortune-500-Firmen übernommen worden, in die Insolvenz gerutscht oder aus der Liste gefallen.

Digitaler Wandel braucht strategische Führung

Das skizzierte Ausmass der Veränderungen macht deutlich, dass die Bewältigung dieser strategischen Herausforderung und die Nutzung der sich bietenden Chancen vom Top-Management und Verwaltungsrat geführt werden muss. Auch wenn die IT bei der Transformation des Unternehmens eine wichtige Rolle spielt, darf die entsprechende Verantwortung nicht einfach dem CIO übertragen werden. Vielmehr muss der Megatrend und Game-Changer Digitalisierung in den kommenden Jahren fixer Punkt auf der Agenda der strategischen Planung sein.

Beunruhigend ist, dass gemäss verschiedener Studien Führungskräfte die Dringlichkeit des Thema zwar erkannt haben, aber nur sehr zögerlich handeln: Nicht einmal die Hälfte der Unternehmen haben einen strategischen Plan, wie mit der Digitalisierung umzugehen ist. Ein Grossteil der Mitarbeiter erachtet die Geschwindigkeit der internen Transformation denn auch als zu langsam.

Eine Ursache dafür kann gemäss McKinsey die fehlende Digital-Kompetenz in den obersten Führungsgremien sein. Die aktuelle Untersuchung* der Universität St. Gallen und Crosswalk, der knapp 200 Befragungen aus 162 Unternehmen zugrunde liegen, zeigt zudem eine grosse Wahrnehmungsdifferenz in den digitalen Fähigkeiten des Unternehmens: Umfrage-Teilnehmer aller Branchen, die eine Geschäftsleitungsposition inne haben, stufen ihr Unternehmen deutlich höher ein als Mitarbeiter anderer Hierarchiestufen.

Regelmässige Standortbestimmung zwingend

Die hohe Dynamik des Marktumfelds erfordert eine regelmässige Überprüfung der eigenen Position im digitalen Wettbewerb. Das in Unternehmen unterschiedliche Verständnis hinsichtlich nötiger Fähigkeiten und erreichter digitaler Reife machen das Navigieren für Führungskräfte jedoch sehr anspruchsvoll.

Vor diesem Hintergrund hat die Universität St. Gallen gemeinsam mit einem Expertenpanel ein Instrument entwickelt, mit dem das Management die Digitalisierung des Unternehmens anstossen, steuern und regelmässig überprüfen kann.

Das «Digital Maturity Model», dem das St. Galler Business Engineering Framework zugrunde liegt, erfasst die nötigen Fähigkeiten gesamtheitlich: mit einem praxisorientierten Fragekatalog und Referenzdaten aus der erwähnten Befragung lässt sich eine umfassende, fundierte und neutrale Standortbestimmung gegenüber Best-Practice und der eigenen Branche vornehmen.

Als Mitautor der Studie «Digital Maturity & Transformation Report» und Mitglied des Expertenpanels unterstützt Bramwell Kaltenrieder Unternehmen bei der Anwendung des «Digital Maturity Model», das dem Management Orientierungspunkte sowie Handlungsfelder auf dem Weg zum digitalen Unternehmen liefert.